Dirigentenporträt
Mit Humor das Beste herausholen
Porträt der Tessiner Blasmusikszene und des Tessiner Daniele Giovannini.
Wie die Rangliste der Tessiner Kantonalen Wettbewerbe zeigt, spielt der Grossteil der Vereine in der 3. oder 4. Klasse. Daneben gibt es die beiden Höchstklass-Blasorchester, die «Civica Filarmonica di Lugano» unter Franco Cesarini und die «Civica Filarmonica di Mendrisio» unter Carlo Balmelli. Aber auch das Projektorchester «Ofsi – orchestra di fiati della svizzera italiana», in welchem Amateure mit Studierenden und Profis zusammenmusizieren, ist aus der Tessiner Blasmusikwelt nicht mehr wegzudenken.
Brissago – ein Vorzeigeverein
«Der Musikverein ist oft einer der wenigen Vereine in einem Tessiner Dorf», erzählt Daniele Giovannini. Auch in Brissago gäbe es wenige andere Vereine. Es seien beschränkte finanzielle Mittel vorhanden, die Organisation funktioniere aber sehr gut und die Leute kämen gerne in den Verein. Trotz kleiner Besetzung kann Daniele seine Ideen dank den guten Registerführern bestens umsetzen. Beim letzten Kantonalen belegte der Verein in der 3. Klasse den 1. Rang; mit nur 25 Bläsern und 4 Schlagzeugern.
Wenige Absenzen, bessere Resultate
Jede Probe ist eine Herausforderung, denn es soll nach der Probe besser klingen und der Rückschritt bei der nächsten Probe nicht allzu gross sein. Dies hat unter anderem auch mit einer guten Anwesenheit bei Proben zu tun. Daniele sieht klar das Problem bei vielen Probenabsenzen: «Danach startet man immer wieder viel weiter unten!» Glücklicherweise sei der Probenbesuch in Brissago gut.
Ausbildung der jungen Musikanten
Die Ausbildung läuft in vielen Orten im Tessin über die Musikschule, die oft von Personen aus den Musikvereinen ehrenamtlich betreut und geleitet werden. Die Kinder werden von professionellen Musikerinnen und Musikern oder – bei sehr kleinen Schülerzahlen – von Musikstudierenden unterrichtet. Daniele sieht ein grosses Potenzial in diesem System. Dadurch seien Musikschule und Musikverein viel besser verzahnt und der Weg vom Anfänger zum Blasmusiker sei klar vorgegeben.
Was macht Daniele aus?
«Immer wieder ein Lachen in die Probe zu bringen», erzählt er und verrät gleich einen seiner Running Gags. Er lässt seinen musikalischen Ideen freien Lauf, nimmt aber auch immer wieder Ideen der anderen auf.
Faszination fürs Dirigieren
Daniele hat das Glück, als Dirigent des Sinfonieorchesters «Orchestra Vivace della Riviera» immer wieder Werke der Klassik aufführen zu dürfen. Viele Werke der Klassik seien von der Dirigiertechnik her im Vergleich zu Höchstklasswerken der Blasmusik nicht kompliziert. Aber alles zu zeigen, was die Musik verkörpert, sei unglaublich schwierig. Aber genau diese Herausforderung mag Daniele: «Inwieweit kann ich das Endprodukt beeinflussen?»
Empfehlenswerte Werke für Blasorchester
Tolle Werke brauchen nicht 100 Tempowechsel, um zu überzeugen. Der künstlerische Inhalt gewisser neuer Werke – besonders aus der Popmusik – sei gering. Aus diesem Grund sollte man sich immer wieder auf die Suche nach alten Werken machen, die musikalisch viel mehr überzeugen, wie z.B. «Harvest Hymn» oder «Spoon River» von Percy Grainger, welche Daniele in Brissago bereits aufgeführt hat. Daniele empfiehlt dafür das Repertoirebuch «1000 ausgewählte Werke» von Felix Hauswirth.
Tipps für besseres Musizieren
Daniele schätzt das externe Feedback von anderen Dirigenten sehr. Feedbacks seien sehr wertvoll, sowohl für die Musizierenden als auch für die Dirigierenden. Evtl. mache man an gewissen Stellen zu grosse Bewegungen und sei daher froh um einen Hinweis von aussen. Videos geben noch ein viel direkteres Feedback. Daniele bedauert jedoch, dass er dies aus Zeitgründen selbst viel zu wenig macht.
Tipps für junge Dirigierende
- Die Probenbesuche des BDV nutzen.
- Gesten seines Dirigierlehrers speichern.
- Andere Dirigentinnen beobachten und Inputs für sich anwenden, z.B. Körperhaltung, Probenmethodik, Kommunikation etc.
- Selbst viel unter guten Dirigenten spielen.
- Aufnahmen der Proben analysieren.
- Externe Inputs von guten Dirigentinnen.