Die Vision: J+M hat den gleichen Stellenwert wie J+S
25. Juni 2023
von Theo Martin
In Bern hat der erste Nationale Jugend- und Musik-Tag stattgefunden. Das etablierte Programm J+M soll grösser und stärker werden.
In den vergangenen 7,5 Jahren sei dem Programm Jugend und Musik Leben eingehaucht worden, sagte Carine Bachmann, Direktorin des Bundesamts für Kultur. Möglich sei das gewesen dank der Zusammenarbeit mit Musikverbänden und Musikschulen. Aus Musiklagern gebe es enthusiastische Rückmeldungen. Jedes Kind solle einen Zugang zu Musik haben, ist eine der Forderungen von j+m. Denn: «Kultur ist das, was bleibt, wenn man alles verloren hat», so Bachmann weiter.
Der Nationale Jugend- und Musik-Tag war eine Mischung aus Weiterbildung, Netzwerkpflege und Standortbestimmung. Die j+m-Leiter konnten vor und nach dem Mittag an Workshops teilnehmen. Im abschliessenden Podiumsgespräch mit dem Titel «Quo vadis» wurde diskutiert, wie sich das Programm j+m auf die Musiklandschaft in der Schweiz auswirkt, insbesondere auf die Nachwuchsförderung. Breiten Raum nahmen Visionen der Fachkräfte und der j+m-Leitenden ein.
So forderte die aus dem Chorbereich stammende Klarinettistin Nicole Schafer, dass Jugend und Musik in zehn Jahren den gleichen Stellenwert hat wie Jugend und Sport. Auch andere Teilnehmerinnen und Teilnehmer hofften, dass J+M irgendwann die Grösse und Stärke von J+S erreichen wird. Ein ungelöstes Problem in diesem Zusammenhang ist übrigens, dass J+S-Leiter von Lohnersatz via EO profitieren, J+M-Leiter dagegen nicht.
Der Posaunist und Musikschulleiter sowie Präsident des Verbands Musikschulen Schweiz, Philipp Krüttli, will die Kantone ermutigen, ihre Pflichten bei J+M wahrzunehmen. Das Bundesamt für Kultur habe dies letztes Jahr ebenfalls getan, aber es brauche permanente Anstrengungen, insbesondere bei niederschwelligen Zugang zu Musikschulen. Der Klarinettist und Blasmusikdirigent Luca Medici (Musikschuldirektor im Tessin) hofft, dass mehr Jugendliche musizieren. Denn diese würden später in der Politik bessere Entscheide treffen. Die Erwachsenen von morgen müssten jetzt mit Musik aufwachsen.
Susanne Scherler (Konrektorin am Musikgymnasium Hofwil) wünscht sich einen Musik-Kindergarten… Vor allem aber wünscht sie der Jugend mehr Zeit, um sich mit Musik zu befassen. Ihr Motto: Weniger Schule, mehr Musik. Regula Frei von Helvetiarockt schätzt die formalisierte Weiterbildung für Amateure.
Am Podium wurde bekannt, dass Schulen nun Freifächer für j+m nutzen können, analog dem freiwilligen Schulsport.
In der Diskussion wurden verschiedene Wünsche geäussert, wie
- Zulassung von Jahreskursen.
- kürzere Fristen, um niederschwelliger arbeiten zu können.
- mehr Einfluss darauf, wie Lehrkräfte ausgebildet werden
- Monniert wurde, dass man Kinder in der Schule kaum mehr erreiche. Es brauche Schulleitungen, die mitziehen: «Wenn die Leitung nicht will, kommt man nicht rein in die Schule».
- j+m ist aber weiterhin ein ausserschulisches Programm, das keinen direkten Bezug zum Regelunterricht hat, der in kantonaler Hoheit ist. Der Weg via Freifächer sei aber ein schöner Spielraum, meinten die Projektverantwortlichen.
- Nicole Schafer fand, die Anforderungen für J+M-Leiter seien sehr hoch. Die Kurse sollten für Nachwuchsleute (etwa Primarlehrer) geöffnet werden.
- Schafer wünschte sich ebenfalls eine Verbesserung des Tools, mit dem J+M-Leitende arbeiten.
- Luca Medici forderte mehr Zusammenarbeit aller Akteure. So müssten auch Kinder in Krippen erreicht werden. Für das Tessin wünschte er sich Ansprechpersonen, die verstehen, dass Musik wichtig ist.
- Philipp Krüttli fand, wir könnten viel mehr machen. Es brauche unbedingt einen niederschwelligen Zugang zu Musikschulen. J+M müsse sich entwickeln und vergrössern. Die Grundregel ist laut Krüttli: "Zusammen ist man stärker." Krüttli forderte Öffnung, Kreativität und Flexibilität.

