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Schweizer Blasmusik-Dirigentenverband

Musikinstrumentenbauer wehren sich

26. Oktober 2020
von Theo Martin

Die Veranstaltungsbranche und die Interessengemeinschaft Musikinstrumentenbau gelangen an den Bundesrat. Sie wehren sich gegen die Einstellung der Aktivitäten generell resp. gegen die Einstellung der Aktivitäten mit Blasinstrumenten.


 

 

Schreiben der Interessengemeinschaft Musikinstrumentenbau

Sehr geehrter Herr Bundesrat Berset
Sehr geehrte Damen und Herren

Diese Woche konnten wir gemäss Medienmitteilungen den Empfehlungen der Covid-19 Task Force entnehmen, dass Aktivitäten mit Blasinstrumenten eingestellt werden sollten, da dies mit einem hohen Risiko verbunden ist. Die Einstellung dieser Aktivität soll ein halbes Jahr dauern. Wir erlauben uns zu diesem Szenario eine Stellungnahme mit der dringlichen Bitte um Berücksichtigung bei den nächsten weitreichenden Entscheiden.

Es bestehen funktionierende Konzept
Trotz der Widrigkeiten gibt es Vereine, welche unter grossem Engagement Schutzkonzepte ausgearbeitet haben und diese auch so umsetzen. Es scheint uns, dass diese Konzepte bislang gar nicht bei der Massnahmenplanung der Task Force berücksichtigt wurden. Es wurde auf grosse Lokale wie z.B. Dreifachturnhallen ausgewichen, Stühle und Notenständer werden desinfiziert, Maske wird analog den Restaurants nur beim eigenen Sitzplatz abgenommen, Abstand wird eingehalten, Lüftung geschieht regelmässig. Es macht aktuell den Anschein, dass Schutzkonzepte verlangt werden, diese aber bei der Entscheidungsfindung aussen vor gelassen werden.

Stärkere Verbreitung via Blasinstrumente nicht erwiesen
Wissenschaftliche Studien belegen, dass die Verbreitung via Tröpfcheninfektion mit Blasinstrumenten nicht stärker als beim normalen Umgang untereinander ist. Bei Instrumenten mit grossem Trichter ist die Reichweite gering, bei Instrumenten mit kleineren Schalltrichtern kann die Ausbreitung mit einfachen baulichen Mitteln verhindert werden. Bei Messungen liegen alle Werte im sehr tiefen Bereich von rund einem Nanoliter pro Kubikmeter.Das heisst, im Schauspiel, beim Gesang sowie bei den Blasinstrumenten kann die Einhaltung der Abstandsregel* des BAG als ausreichende Massnahme betrachtet werden. Weitere Studien belegen diesen Sachverhalt.

Eine Tradition ist gefährdet
Es gibt kaum ein Dorf, ein Städtchen oder ein Stadtquartier in der Schweiz ohne Blasmusik. Es ist eine alte Tradition, welche stark gelebt wird und wichtig für den sozialen Zusammenhalt ist. Der Lockdown im Frühjahr hatte zur Folge, dass aufgrund der anhaltenden Passivität Musikanten ihr Hobby komplett einstellten und Vereine als Folge davon aufgelöst wurden. Der Austausch, das gemeinsame Ausüben eines Hobbies sowie die Motivation, auf ein Ziel hin zu arbeiten, werden den Menschen fehlen, und es stellt sich die Frage, ob dies nicht zu einer generellen Passivität in unserer Gesellschaft führt.
Eine komplette Einstellung des Probebetriebes bis Frühling 2021 würde diesen Trend massiv verstärken, Kultur und Tradition nehmen davon starken Schaden, welcher nicht wieder zu beheben ist.

Eine Branche verschwindet
In der Schweiz haben wir 20 Firmen, welche sich ausschliesslich den Blasinstrumenten widmen. Die Firmen bilden zusätzlich Lehrlinge aus, das Angebot an Lehrstellen deckt die Nachfrage bei weitem nicht. Alle Firmen, notabene alle in Familienbesitz, sind auf eine funktionierende Blasmusik-Kultur angewiesen. Eine Einstellung sämtlicher Aktivitäten hätte zur Folge, dass Aufträge ausbleiben. Alle Firmen sind inhabergeführt, der Beruf ist mit grosser Leidenschaft verbunden, das Vermögen der Inhaber ist in den Geschäften angelegt. Ein Ausbleiben der Aufträge hätte zur Folge, dass die Firmen ihre Existenzgrundlage verlieren und aufgeben müssen – auch Ausbildungsplätze fallen alternativlos weg. Die Servicestellen fürs Ausführen des Hobbies werden fehlen, ein weiterer Grund, dieses nicht mehr auszuüben, was dem Niedergang der Tradition leider förderlich ist.

Wir bitten Sie dringendst, diese Punkte in der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen und zu beachten, dass ein komplettes Verbot des Probebetriebes weitreichende Folgen hat.
Vielen Dank!

Interessengemeinschaft Musikinstrumentenbau
Matthias Aebischer
Präsident
Nationalrat
Vereinigung Schweizer Blasinstrumentenbauer und -reparateure
Marco Weber
Präsident
IG Schweizer Blaskapellen
Willy Odermatt
Präsident
Musikpunkt AG
Martin Scheidegger
Geschäftsführer, Mitinhaber
Musik Beat Zurkinden AG
Beat Zurkinden
Geschäftsführer, Inhaber
Musik Hug AG
Adrian Lohri
Geschäftsführer, Mitinhaber
Notencafe GmbH
Peter Schmid
Geschäftsführer, Inhaber

 

Sehr geehrte Frau Bundespräsidentin

Sehr geehrte Frauen Bundesrätinnen
Sehr geehrte Herren Bundesräte
Liebe Vertreter der GDK, FDK und VDK
Liebe Vertreter von EFV und SECO
Liebe Parlamentarierinnen und Parlamentarier
Geschätzte Medienschaffende

Die Entwicklung der hohen Fallzahlen erfordert erneut gezielte Massnahmen. Dafür haben wir grosses Verständnis. Doch übers Wochenende nahmen wir mit grossem Befremden zur Kenntnis, dass diverse Kantonsregierungen Grossveranstaltungen über 1000 Personen und Veranstaltungen ab 15 Personen bis auf weiteres verbieten. Diese erneute und äusserst kurzfristige Schliessung der Betriebe auf unbestimmte Zeit hat für unsere Mitglieder, die bereits in einer dramatischen Lage sind, existenzielle Folgen. Zudem müssen sorgfältig geplante Veranstaltungen wieder kurzfristig abgesagt oder verschoben werden. Dadurch leidet das wirtschaftliche Vertrauen in unsere Branche (Messen, Konzerte, Shows, Events, Theater, Orchester, etc.) noch stärker. Für die nächsten 6 Monate kann nun gar keine Planungssicherheiten mehr abgegeben werden.

 

 Und die Veranstaltungsbranche schreibt:


Kein erneutes Veranstaltungsverbot, denn die Schutzkonzepte funktionieren
Wir sind bestürzt, dass trotz aufwändigen und gut funktionierenden Schutzkonzepten ein erneutes nationales Veranstaltungsverbot droht. Schutz- und Hygienemassnahmen werden streng befolgt und deren Einhaltung durch Sicherheitspersonal überprüft. Deshalb verzeichneten wir in den letzten Monaten keine Corona-Infektionen an den Anlässen.

Ruf nach differenzierter Betrachtungsweise und Augenmass
Wir fordern Gleichbehandlung mit der Gastronomie und den Einkaufszentren. Als Branche grenzen wir uns klar von «wilden Party-Veranstaltungen» ab und halten an unseren Schutzkonzepten sowie den jetzt gültigen Zuschauerzahlen fest.

Wenn ein erneutes Veranstaltungsverbot, dann zeitlich begrenzt
Wir appellieren an die Regierung, dass die neuen Massnahmen bezüglich Veranstaltungen national gelten und monatlich überprüft werden, so dass die für Dezember 2020 und Frühjahr 2021 geplanten Events und die damit verbundene Wertschöpfung nicht komplett wegbricht.

Appell zur sofortigen Umsetzung der Härtefall-Massnahmen: Wir brauchen mehr Hilfe, schnell und nachhaltig
Wir fordern nun eine sofortige Umsetzung der Härtefall-Massnahmen für Unternehmen nach Art. 12 des Covid-19-Gesetzes. Der laufende Umsetzungsprozess dauert zu lange. Die Notfallkredite und Reserven sind aufgebraucht. Hilfeleistungen im Februar sind zu spät! Wir fordern einen praktischen und unkonventionellen Ansatz zur Auszahlung von Soforthilfe für Härtefälle, eine Vorleistungspflicht des Bundes oder der Kantone sowie kantonsübergreifende, einheitliche Kriterien und Verfahren zur Beurteilung und Zulassung für die Auszahlung von Härtefällen.

Ausfallentschädigungen
Die Unterstützungsmassnahmen für Kulturschaffende, Kulturunternehmen und Kulturvereine im Laienbereich gemäss der Covid-19-Kulturverordnung sind eine gute Grundlage für die Weiterführung von Finanzhilfen und den Erhalt der kulturellen Vielfalt. Nun müssen sie aber auch rasch umgesetzt resp. weitergeführt werden. Leider haben aber viele Kantone die Ausfallentschädigungen für das letzte halbe Jahr noch nicht oder nur zum Teil ausbezahlt.

Das was Sie, liebe Schweizer Landesregierung, jetzt entscheiden, soll die wirtschaftlichen und damit verbundenen gesellschaftspolitischen Interessen berücksichtigen. Wir wollen als verlässliche und verantwortungsvolle Branche gemeinsam Wege finden und mit unseren professionell umgesetzten Schutzkonzepten ein Teil der Lösung sein. Wir sind Ihnen sehr dankbar, wenn Sie dies in Ihre Überlegungen und Handlungen einfliessen lassen.

 

Kontakt der Präsidenten und Geschäftsführer aller Verbände:
• Stefan Breitenmoser, Swiss Music Promoter Association SMPA
• Jörg Gantenbein, svtb-astt
• Christoph Kamber, EXPO EVENT Swiss LiveCom Association
• Felix Frei, VSSA
• Roland Küng, Tectum
• Roman Steiner, SBV
• Peter Howald, Schausteller Verband Schweiz

Über die Verbände
Die Verbände der Veranstaltungsbranche umfassen 1’250 Mitglieder, 23'000 Mitarbeiter, 40'000 freiwillige Helfende und erwirtschaften einen jährlichen Umsatz von CHF 3 Mrd. Ohne finanzielle Unterstützung droht dem Veranstaltungsbereich ab Spätherbst 2020 eine Konkurswelle mit Verlust von vielen Arbeitsplätzen.

 

 

 

 

 

 

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